Geschichte der Griechen in München |
von Giorgos Pappas, Journalist & Politologe
Drachme erlaubt sich, die Rede des Journalisten und Politologen Giorgos Pappas, die er im Rahmen der Tagung «Griechen in München»
(Veranstalter: Arbeitskreis «GiM») am 29.11.2015 hielt, zu veröffentlichen.
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(Zeitschrift 'Δραχμή Drachme' #24 , Frühling 2015, Seite 14-15)
Der Referent leitete den Vortrag mit der Erklärung ein, dass er es als besonders kompliziert erachte, über Griechen in München vor Griechen in München zu sprechen.
Als erste bedeutende Station des historischen Überblicks wurden, neben der Ernennung Ottos zum König von Griechenland, die Beziehungen des Wittelsbacher Hauses zum selbigen Land genannt.
Der Vortragende betonte den Philhellenismus Ludwigs I. und seine prägende Auswirkung auf das allgemein bekannte architektonische Bild der Stadt. Als ein bemerkenswertes Beispiel wurde die Platzierung der, dem griechischen Befreiungskampf gewidmeten, Propyläen am Königsplatz angeführt.
Diese befinden sich in unmittelbarer Nähe des Obelisken am Karolinenplatz, der den Befreiungskriegen der Deutschen gegen Napoleon gewidmet ist.
Dass die Monumente der Freiheitskämpfe beider Nationen nebeneinander gestellt wurden, zeugt von der Solidarität des bayerischen Königs mit den Griechen. Die damalige Beziehung von München und Griechenland lässt sich in erster Linie durch den Begriff des Philhellenismus definieren.
Diese europäische Bewegung hat, trotz all ihrer Wirklichkeitsferne in Bezug zum damaligen Griechenland, zur Gründung des neuen griechischen Staates, des ersten Nationalstaates auf dem Balkan, entscheidend beigetragen. Damit begann der Zerfall des osmanischen Reiches, der allerdings weitere hundert Jahre angedauert hat.
Die damals in München vertretenen Griechen stammten zum größten Teil aus reichen Familien der Anführer der Freiheitskämpfe und widmeten sich in der bayerischen Hauptstadt ihrem Studium.
Diese privilegierte und gebildete Bevölkerungsgruppe bildete die Basis für die Weiterentwicklung des Griechentums in München. Bemerkenswert ist, dass die Münchner Schule, der u.a. Nikiforos Lytras und Nilolaos Gyzis angehören, in der Geschichte der griechischen Malerei als eine der prägendsten Strömungen anerkannt ist. Sehr beeindruckend ist in diesem Zusammenhang die Geschichte des aus Theben stammenden Malers Theodoros Vrizakis; der Sohn eines gefallenen Freiheitskämpfers hatte 1844 von der griechischen Gemeinde Münchens ein Stipendium für sein
Malereistudium erhalten.
Theodoros P. Vryzakis: Ausfall der Belagerten von Messolongi, 1855 (Athen, Nationalgalerie) |
Später nahm er mit seinem bedeutendsten Werk „Der Ausfall von Messolongi" an der Weltausstellung von Paris teil. Sein kultureller Nachlass ist von großer Wirkungsmacht. Neben seinen Kunstwerken hat er den Griechen Münchens materielle Hilfen für Reparaturarbeiten an der Salvatorkirche hinterlassen.
Constantin Carathéodory (1873 - 1950) |
Die Tradition des Münchner Griechentums als Vertreter der hochgebildeten Schichten wurde weiterhin von mehreren Persönlichkeiten fortgesetzt, u.a. durch den Mathematiker Constantin Carathéodory.
Griechen nach München brachte, trat in der Nachkriegszeit in Erscheinung während des Wiederaufbaus der Stadt, die von den Luftangriffen der Alliierten zerstört war. Die ersten Migranten wanderten als Gastarbeiter Ende der 1950er Jahren ein, als die deutsche Industrie ihr Wirtschaftswunder erlebte. Nach der Unterzeichnung des Anwerbeabkommens zwischen der Bundes
Einige Erwähnungen:
1963 wurde die Griechisch-Orthodoxe Metropolie Deutschlands gegründet.
Während der Jahre der Militärdiktatur in Griechenland, 1967-1974, war die griechische Gemeinde Münchens politisch sehr aktiv und erhob ihre Stimme gegen die Diktatur eine Stimme der Bevölkerungsgruppe, der bisher ihr Recht auf politische Aktivität entzogen blieb.
An den Wahlen konnten sie nicht teilnehmen in Deutschland als Ausländer, in Griechenland wegen ihrer Abwesenheit. Abschließend wird konstatiert, dass in der Zeit nach 1973 zahlreiche Politiker und Intellektuelle nach Griechenland zurückgekehrt sind, da sie für die Neugestaltung des Staates nach der Diktatur gebraucht wurden.
Hier einige Daten zur Anzahl der in Deutschland lebenden Griechen:
In den Jahren 1963-1967 lebten 200.000 Griechen in Deutschland; während der Diktatur hat sich die Auswanderung verdoppelt, und so war 1973 vom Statistischen Bundesamt deren Zahl mit 400.000 angegeben. Nach dem Ende der Diktatur und der Rückkehr vieler Auswanderer mit ihren Familien war die Anzahl der Griechen in Deutschland auf 270.000 gesunken. Nach dem EU-Beitritt Griechenlands und der daraus entstandenen Freizügigkeit wuchs diese Zahl wieder auf 300.000;
eine neue Welle der Zurückwanderung ließ sie dann
erneut auf 287.000 sinken.
Nach der Krise soll bereits von einer neuen Migrationswelle gesprochen werden, die sich qualitativ von den beiden vorherigen, der des 19. und der des 20. Jahrhunderts, unterscheidet. Eines der wichtigsten Merkmale der neuen griechischen Migranten ist ihre hohe Mobilität und die Bereitschaft, nach der Stabilisierung bzw. Verbesserung der allgemeinen Lage in ihre Heimat zurückzukehren.
Im Vergleich zu den griechischen Gemeinden in anderen Großstädten Deutschlands ist diejenige von München eine sehr fortgeschrittene und die am besten organisierte.
Zweifellos hat daran die lange Vorgeschichte der Beziehungen zwischen Bayern und Griechenland und zu den Griechen nicht geringen Anteil. Das, was München den Griechen bietet, ist auch das Höchste von dem, was geboten werden kann:
Gute Integrationsmöglichkeiten.
Dies ist in einer Zeit, in der die Be Ziehungen beider Länder auf eine harte Probe gestellt werden, von äußerster Wichtigkeit.